Das Kölner Filmhaus ist in diesen Tagen ein ganz besonderer Ort. Mit „Shame – European Stories“ und dem dazugehörige Begleitprogramm bekommt das Thema Kindesmissbrauch ein Gesicht – und eine laute Stimme.

Der preisgekrönte Fotojournalist Simone Padovani hat in den zurückliegenden Monaten europaweit Foto- und Videoporträts von fast 100 Menschen gesammelt, die in ihrer Kindheit von Missbrauch betroffenen waren. Dabei geht es nicht nur um das in der Vergangenheit gelegene Verbrechen, sondern auch um das Leben der Opfer nach dem Missbrauch.

„Offenbar leben viele Opfer unter uns. Davon zeugen jedenfalls die vielen sehr mutigen Menschen, die sich in Überwindung ihrer Scham für diese Ausstellung fotografieren ließen und die von ihrem Schicksal erzählen. Die Aufarbeitung eines großen gesellschaftlichen Tabuthemas in einer solchen Form, mit der die Opfer von Missbrauch und ihr Leid personalisiert werden, ist für die Besucherinnen und Besucher überaus eindrücklich und wirkmächtig“, betonte Kölns Bürgermeister Dr. Ralph Elster.

Stifter Guido Fluir (M.) und Kölns Bürgermeister Dr. Ralph Elster (r.). Foto: https://justice-initiative.eu/de/

Ein konkretes Schicksal wirke auf Menschen selbstverständlich viel stärker ein, als bloße Zahlen und Statistiken zu Kindesmissbrauch das je könnten. „Diese Dokumentation des Schreckens drängt uns auch dazu, es nicht dabei zu belassen, uns einfach nur solidarisch mit den Opfern zu fühlen. Es wird geradezu körperlich spürbar, wie notwendig es ist, sich aktiv für die Rechte derer einzusetzen, die sich eben nicht alleine helfen können“, so Dr. Ralpg Elster weiter. Jeder Besucher werde somit nachhaltig für die gesellschaftliche Relevanz von Kindesmissbrauch sensibilisiert, die Dokumentation stehe ganz im Zeichen des Kampfes um Gerechtigkeit für die Opfer.

Das Internet ist kein sicherer Ort für Kinder

Das muss sich ändern, fordert die Justice Initiative, die eine Online-Petitionen gestartet hat. Dort heißt es:

Es ist an der Zeit, dass Europa für Gerechtigkeit eintritt, mutig ist und dem sexuellen Missbrauch von Kindern ein Ende setzt. Sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt an Kindern haben tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Überlebenden. Das Ausmaß des Problems nimmt ungehindert zu, da Täter in der Lage sind, das Internet für ihre Zwecke zu missbrauchen – Missbrauchsmaterial kursiert in alarmierender Geschwindigkeit!

Die Justice Initiative setzt sich deshalb für einen umfassenden Schutz von Kindern ein. Zur Petition geht es hier lang.

Für die Betroffenen ist ein Zugang zu unabhängigen und kostenlosen Hilfen sehr wichtig. Daher dankte Bürgermeister Dr. Ralph Elster dem Verein „Umsteuern! Robin Sisterhood“, der Schweizer Guido-Fluri-Stiftung und den zahlreichen Spenderinnen und Spendern für das besondere Engagement im Sinne der Kinder und Jugendlichen.

Gruppenfoto zur Ausstellungseröffnung: Karl Haucke (r.) vom Betroffenenbeirat, das Ehepaar Fluri (daneben) als Stifter/Justice Initiative, Schirmherr Jochen Ott (3.v.l.), Maria Mesrian (2.v.l.), Vorsitzende „Umsteuern! Robin Sisterhood e.V“ und Bürgermeister Dr. Ralph Elster (l.). Foto: https://justice-initiative.eu/de/

Er wünschte der Ausstellung „Shame – European Stories“ jede Menge Aufmerksamkeit, „damit die Ausstellung dazu beitragen kann, dass das Schweigen gebrochen wird, dass die Wahrheit über sexuelle Gewalt gegen Kinder ans Licht kommt und dass wir im Kampf gegen Kindesmissbrauch endlich deutlich erfolgreicher werden.“

Die Ausstellung ist noch bis zum 17. März im Kölner Filmhaus zu sehen, werktags von 12-18 Uhr, sonntags von 14-18 Uhr. Am 15. März ab 19 Uhr gibt es im Begleitprogramm das Filmscreening “Meine Täter, die Priester” (Regie: Eva Müller). Eva Müller und Matthias Katsch (Eckiger Tisch e.V.) werden dort zu Gast sein. Die Finnisage findet statt am 17. März um 19 Uhr mit Lesung und Musik. 

Titelfoto: https://justice-initiative.eu/de/

Die Rede im Wortlaut

Liebe Frau Mesrian, 1. Vorsitzende Umsteuern! Robin Sisterhood e.V
Sehr geehrter Herr Fluri, Stifter/Justice Initiative
Lieber Jochen Ott, Schirmherr
Sehr geehrter Herr Haucke, Betroffenenbeirat der UBSK
Sehr geehrter Herr Werner, Heimkinder e.V.
meine sehr verehrten Damen und Herren,

Es ist gerade einmal anderthalb Jahre her, dass wir die Wiedereröffnung des Kölner Filmhauses an der Maybachstraße gefeiert haben, auch mit der Absicht, nicht nur der Filmszene ihr Zentrum wiederzugeben, sondern auch mit der Idee hier weitere spannende Formate zu ermöglichen, wie etwa diese Ausstellung, die wir nun heute eröffnen und zu der ich Sie als Bürgermeister dieser Stadt ganz herzlich begrüßen darf.

„Shame – European Stories“ und das dazugehörige Begleitprogramm wird das Filmhaus in den nächsten Tagen zu einem ganz besonderen Ort machen: In den vergangenen Monaten hat der preisgekrönte Fotojournalist Simone Padovani europaweit Foto- und Videoporträts von fast 100 Menschen gesammelt, die in ihrer Kindheit von Missbrauch betroffenen waren. Dabei geht es nicht nur um das in der Vergangenheit gelegene Verbrechen, sondern auch um das Leben der Opfer nach dem Missbrauch. Offenbar leben viele Opfer unter uns. Davon zeugen jedenfalls die vielen sehr mutigen Menschen, die sich in Überwindung ihrer Scham für diese Ausstellung fotografieren ließen und die von ihrem Schicksal erzählen.

Überaus eindrücklich und wirkmächtig

Die Aufarbeitung eines großen gesellschaftlichen Tabuthemas in einer solchen Form, mit der die Opfer von Missbrauch und ihr Leid personalisiert werden, ist für die Besucherinnen und Besucher überaus eindrücklich und wirkmächtig. Ein konkretes Schicksal wirkt auf uns Menschen selbstverständlich viel stärker ein, als bloße Zahlen und Statistiken zu Kindesmissbrauch das je könnten. Diese Dokumentation des Schreckens drängt uns auch dazu, es nicht dabei zu belassen, uns einfach nur solidarisch mit den Opfern zu fühlen. Es wird geradezu körperlich spürbar, wie notwendig es ist, sich aktiv für die Rechte derer einzusetzen, die sich eben nicht alleine helfen können. Jeder Besucher wird somit nachhaltig für die gesellschaftliche Relevanz von Kindesmissbrauch sensibilisiert, die Dokumentation steht ganz im Zeichen des Kampfes um Gerechtigkeit für die Opfer.

Die Wanderausstellung, die im letzten Jahr schon im Rahmen der Biennale in Venedig gezeigt werden konnte, wird unter der Schirmherrschaft des Europarates in vielen weiteren Ländern Europas zu sehen sein; aktuell laufen z.B. Ausstellungen in Rumänien und Spanien und mit dem heutigen Tag nun eben auch in Deutschland.

Aufarbeitung und Prävention von Kindesmissbrauch

Dass „Shame“ mit dem Begleitprogramm bei uns in Köln im Filmhaus zu sehen ist, verdanken wir maßgeblich dem Verein „Umsteuern! Robin Sisterhood e.V.“. Dieser, im Sommer 2021 gegründete Verein, engagiert sich im Bereich der Aufarbeitung und Prävention von Kindesmissbrauch insbesondere auch im kirchlichen Kontext. Für Menschen, die in einem solchen Zusammenhang von sexualisierter Gewalt betroffenen sind, betreibt der Verein seit März 2022 eine Beratungsstelle, die – wie mir gesagt wurde – sehr gut angenommen wird. 

Der Missbrauch von Kindern muss, unabhängig in welchen gesellschaftlichen Zusammenhängen ein solches Unrecht geschieht, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden. Der Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt und eine effektive Unterstützung von Missbrauchsopfern sind Themen, die uns wirklich alle angehen.
Dabei ist für die Betroffenen ein Zugang zu unabhängigen und kostenlosen Hilfen sehr wichtig und ich danke „Umsteuern! Robin Sisterhood“, der Schweizer Guido-Fluri-Stiftung und den zahlreichen Spenderinnen und Spendern für das besondere Engagement im Sinne der Kinder und Jugendlichen.

„Shame – European Stories“ wünsche ich jedenfalls jede Menge Aufmerksamkeit, damit die Ausstellung dazu beitragen kann, dass das Schweigen gebrochen wird, dass die Wahrheit über sexuelle Gewalt gegen Kinder ans Licht kommt und dass wir im Kampf gegen Kindesmissbrauch endlich deutlich erfolgreicher werden.