Vor 175 Jahren ist ganz Europa in Aufruhr. Aus Paris springt der revolutionäre Funke nach Köln über – mitten im Karneval. Am 3. März 1848 stürmt eine Menschenmenge das Rathaus. „Köln wird sozusagen zu einem Zentrum der Revolution“, betont Dr. Ralph Elster während seines Grußworts im Kölnischen Stadtmuseum. Das erinnert vom 17. März bis zum 29. April 2023 mit der Pop-up-Bar BAR/RIKADE und verschiedenen Live-Events an die 1848er-Revolution.

Kurator Dr. Mario Kramp während der Eröffnung von „1848 Revolution in Köln“.

„Überall, landauf, landab, wird in diesen Tagen der Revolution von 1848 gedacht: In Ausstellungen, in Forschung und Wissenschaft, auf Tagungen, bei Lesungen und Konzerten, in neuen Publikationen. Es ist nur gut und folgerichtig, dass auch wir uns hier in Köln mit den Geschehnissen von damals beschäftigen“, so Dr. Ralph Elster.

Mitten drin: die Bar-Ausstellung „1848 Revolution in Köln“. „Mit diesem Konzept vermitteln wir Stadtgeschichte erneut ‘anders‘ – wir wollen in unserer Bar historisches Wissen nicht mit dem ‘Holzhammer eintrichtern‘, sondern niedrigschwellig und ‘bewusst unbewusst‘ vermitteln. Die Besucher*innen sollen gerne kommen, sich wohlfühlen und das kostenlose Barprogramm genießen“, berichtet Silvia Rückert, die stellvertretende Direktorin.

Beispiel Veranstaltungsprogramm, Fr, 24.03., 19 Uhr: Die alten Barrikaden (Revolutionäre Lieder zum Mitsingen auf Deutsch, Französisch und Kölsch, mit Roland Hüve, Laurent Chevalier
und Mario Kramp). Ab 17 Uhr: 60s, 70s und 80s mit DJ Kalle Marx

Die Bar-Ausstellung „1848 Revolution in Köln“ lässt die bewegenden Ereignisse in Köln 1848 lebendig werden: Tausende protestierten hier im Frühling für demokratische Rechte, angeführt vom Armenarzt Andreas Gottschalk und von dem Arbeiterführer Fritz Anneke. Die Kommunisten Karl Marx und Friedrich Engels sind ebenfalls in Köln aktiv. 

Die Revolution wird schließlich niedergeschlagen – wie im Winter 1848 in Köln, so 1849 in ganz Europa. „Aufständische wurden hingerichtet oder in Kerkern inhaftiert. Im Kölner Kommunistenprozess 1852 wurden weitere Beteiligte verurteilt, andere entkamen ins Exil. Viele in die USA, wo sie im Bürgerkrieg gegen die Sklaverei kämpften“, erläutert Dr. Mario Kramp, Kurator der Ausstellung. „Ihr Vermächtnis aber bleibt: Nach 1945 knüpften die Mütter und Väter des Grundgesetzes an die Ideale von 1848 an. Auch daran erinnern wir in der Ausstellung.“

VR-Brillentour durch die zukünftige Dauerausstellung, jeden Öffnungstag von 17 bis 18 Uhr

Für Dr. Ralph Elster Grund genug ein paradoxes Fazit von Historikerinnen und Historikern zu zitieren: Die Revolution von 1848 ist „erfolgreich gescheitert“.

Ein erfolgreiches Gelingen wünschte er sodann der Bar-Ausstellung „1848 Revolution in Köln“. Zudem dankte er sehr herzlich den Kooperationspartnern: der Universitäts- und Stadtbibliothek mit Frau Dr. Hoffrath, dem Trierer Karl-Marx-Haus mit Herrn Dr. Schmidt, sowie denen, die diese Ausgabe der Pop-Up-Bar wieder großzügig unterstützen. Ein Dank galt auch den Freunden des Kölnischen Stadtmuseums sowie der Gaffel-Brauerei.

Abschließend sagte Kölns Bürgermeister: „Geboten werden uns Kölner Bilder, kenntnisreiche Einsichten und viele historische Details. Alles mit viel Ernsthaftigkeit – aber auch mit ein wenig kölnischem Augenzwinkern, so schwierig das bei diesem Thema auch sein mag. Freuen wir uns also auf die neue Ausgabe von Museums-Bar, Ausstellung und Begleitprogramm.“

Titelfoto: Kölner Barrikade ohne Verteidiger am 25.9. 1848, Presse-
Illustration nach der Zeichnung von Georg Osterwald
(KSM, © Rheinisches Bildarchiv)

Die Rede im Wortlaut

Liebe Frau Rückert,
Lieber Herr Dr. Kramp,
Liebe Frau Dr. Hoffrath (evtl. lieber Herr Dr. Schmidt), 
Liebe Mitglieder der Freunde des Kölnischen Stadtmuseums, sehr geehrter Herr Zarinfar, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Diese Popup-BAR wird heute also zu einer BAR/RIKADE umgebaut. Sie erinnert daran, wie im März 1848, also vor genau 175 Jahren, überall in Europa zahllose Bürgerinnen und Bürger gegen eine autoritäre Obrigkeit aufbegehrten und das geschah eben auch bei uns in Köln.
Zunächst darf ich Ihnen allen aber die herzlichen Grüße von unserer Oberbürgermeisterin Henriette Reker und dem Rat der Stadt Köln ausrichten.

Überall, landauf, landab, wird in diesen Tagen der Revolution von 1848 gedacht: In Ausstellungen, in Forschung und Wissenschaft, auf Tagungen, bei Lesungen und Konzerten, in neuen Publikationen. Es ist nur gut und folgerichtig, dass auch wir uns hier in Köln mit den Geschehnissen von damals beschäftigen.

Köln war die erste preußische Großstadt, in der die Massen auf die Straße gingen. Von Köln aus wirkten demokratische und sozialistische Vordenker wie Andreas Gottschalk, Fritz und Mathilde Franziska Anneke, ab April 1848 dann auch Karl Marx und Friedrich Engels. Viele der liberalen Oppositionellen, die bald darauf politisch führende Stellungen einnehmen sollten – wie Gustav von Mevissen oder Ludolf Camphausen – waren ebenfalls Kölner. Köln war sozusagen ein Zentrum der Revolution.

Dass uns dies heute ins Kölner Bewusstsein zurückgerufen wird, ist das Verdienst der Stellvertretenden Direktorin des Stadtmuseums, Silvia Rückert, und dem Kurator der Ausstellung, Mario Kramp. Dank gebührt auch dem Medienpartner WDR dafür, dies alles medial zu begleiten.

Köln war also ein Zentrum der Revolution. Doch erlauben Sie mir an dieser Stelle, dass ich kurz über unseren stadtkölnischen Tellerrand hinausschaue und einige Worte zur welthistorischen Bedeutung dieser Ereignisse von 1848 verliere. Köln – über die Geschehnisse hier vor Ort werden wir ja gleich noch vieles mehr hören – Köln ordnet sich ja ein in einen internationalen Kontext. Die Aufstände von 1848 waren nämlich nicht nur eine deutsche, erst recht nicht nur eine rheinische, sondern schlichtweg eine Revolution europäischen Ausmaßes. Vor 175 Jahren kam es an vielen Orten Europas zu Aufruhr, weil wirtschaftliche Krisen, Massenarmut und allgemeine politische Unzufriedenheit schon seit Beginn der 1840er Jahre die soziale und politische Ordnung in zahlreichen Ländern destabilisierten.

Internationalen Bewegung für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit

Im Jahr 1848 schließlich kulminieren die Aktivitäten dieser ersten internationalen Bewegung für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Demonstrationen und revolutionären Unruhen in Italien, in Frankreich, in Deutschland, in Polen und in Österreich-Ungarn. In Paris wurde schon am 24. Februar 1848 die Zweite Französische Republik ausgerufen. Von dort aus sprang der Funke dann auch auf Deutschland über und am 3. März 1848 kam es zu größeren Unruhen in unserer Stadt. Die historisch gesehen wichtigen Entscheidungen fallen dann allerdings nicht bei uns im Rheinland – sondern in Berlin und Wien. Am 18. März – also zwei Wochen nach Köln – tobt die Revolution in der Hauptstadt Preußens. König Friedrich Wilhelm IV. versucht kurz vor Toresschluss mit substantiellen Reformen die Kampfhandlungen zu verhindern, gibt dann aber militärischen Scharfmachern die Befehlsgewalt. Im Unterschied zu Köln kommt es in der Hauptstadt tatsächlich zu Barrikadenkämpfen und es gibt auch mehrere hundert Tote, die heute als Märzgefallene bekannt sind.

In Köln wurden die Barrikaden im Laufe des Jahres abgebaut und der Aufstand endgültig niedergeschlagen. Andernorts gingen die Kämpfe weiter, zum Teil bis ins Folgejahr, in dem militärische Kräfte vor allem Preußens und Österreichs schließlich die Revolution überall beenden.
In den darauffolgenden Jahren fliehen zahlreiche Menschen – Liberale, Sozialisten, Republikaner – ins benachbarte Ausland oder auch in die USA, wie z.B. der schon genannte Fritz Anneke, der mit seiner Frau und seinem Bruder die Republikanische Partei Abraham Lincolns bei der Abschaffung der Sklaverei unterstützt.

Unabhängig vom Ausgang der Märzrevolution, wirken ihre Ideen und die durch sie angestoßenen, gesellschaftlichen Reformen bis in die heutige Zeit nach.

Unabhängig vom Ausgang der Märzrevolution, wirken ihre Ideen und die durch sie angestoßenen, gesellschaftlichen Reformen bis in die heutige Zeit nach. Die grundlegende Arbeit des damaligen Verfassungsausschusses des Frankfurter Paulskirchen-Parlaments von 1848/49 wird zum Vorbild für die Weimarer Republik. Nach 1945 knüpfen die Mütter und Väter des Grundgesetzes wiederum an die republikanischen Ideale und die Erklärung der Grundrechte des deutschen Volkes von 1848 an. Diese Erklärung ist also bis heute richtungsweisend für die parlamentarische Demokratie in unserem Land. Insofern stimmt das paradoxe Fazit von Historikerinnen und Historikern: Die Revolution von 1848 ist „erfolgreich gescheitert“.

Einen großen Erfolg, ähnlich wie bei der letzten POP-UP-BAR mit dem Thema DÄ DEJOOL KÜTT soll es nun auch mit dieser neuen Ausgabe geben, die an die KÖLNER REVOLUTION VON 1848 erinnert. 

Ich danke sehr herzlich den Kooperationspartnern: der Universitäts- und Stadtbibliothek, liebe Frau Dr. Hoffrath, dem Trierer Karl-Marx-Haus, sehr geehrter Herr Dr. Schmidt, sowie denen, die diese Ausgabe der Pop-Up-Bar wieder großzügig unterstützen. Vielen Dank an die Freunde des Kölnischen Stadtmuseums, vielen Dank an die Gaffel-Brauerei.

Geboten werden uns Kölner Bilder, kenntnisreiche Einsichten und viele historische Details. Alles mit viel Ernsthaftigkeit – aber auch mit ein wenig kölnischem Augenzwinkern, so schwierig das bei diesem Thema auch sein mag. Freuen wir uns also auf die neue Ausgabe von Museums-Bar, Ausstellung und Begleitprogramm.