Am 8. Mai 2025, dem 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, wurde im Spanischen Bau des Historischen Rathauses die Ausstellung „Lee Miller: Cologne 1945“ feierlich eröffnet. Die Veranstaltung ist Teil einer Kooperation zwischen dem AmerikaHaus NRW und der Stadt Köln. Bürgermeister Dr. Ralph Elster begrüßte die Gäste im Namen der Stadt Köln und Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
„Ein Tag der Befreiung – aber auch der Scham“
In seiner Rede erinnerte Dr. Elster eindringlich an die Bedeutung des 8. Mai:
„Der 8. Mai 1945, der Tag der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands im Zweiten Weltkrieg, markiert das Ende des dunkelsten Kapitels unserer Geschichte“, sagte Elster. „Neben der Kapitulation steht dieser Tag auch und vor allem für die Befreiung von der NS-Diktatur – er steht aber auch für die Scham, dass Deutschland sich nicht selbst von dieser furchtbaren Geißel befreien konnte.“

Er verwies auf die historische Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1985, die den 8. Mai als „Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ in das kollektive Gedächtnis rückte.
Lee Miller: Dokumentation des Übergangs von Gewalt zu Hoffnung
Die amerikanische Fotografin und Kriegsreporterin Lee Miller war im Frühjahr 1945 in Köln. Ihre Fotografien zeigen die zerstörte Stadt, aber auch die Menschen inmitten der Trümmer: Überlebende, Soldaten, Kinder.
„In ihren Kölner Bildern liegt etwas zutiefst Menschliches“, so Elster. „Zwischen Ruinen fotografiert sie Menschen – in deren Blicken lesen wir nicht nur das Leid der zurückliegenden Jahre, sondern auch ein erstes Aufatmen, ein erstes Wiedererstarken.“
Lee Millers Bildsprache ist klar, unmittelbar und zugleich voller Empathie. Ihre Reportagen dokumentieren nicht nur das Ende des Krieges, sondern deuten zugleich den Neuanfang.
Ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit
Dass die Ausstellung gemeinsam mit dem AmerikaHaus NRW realisiert wurde und unter anderem von der US-Generalkonsulin in Nordrhein-Westfalen, Preeti V. Shah, besucht wurde, wertete Dr. Elster als deutliches Zeichen der weiterhin engen transatlantischen Beziehungen.
„Was uns seit nunmehr 80 Jahren eint, sind nicht nur gemeinsame Interessen, sondern unsere geteilten Werte und Errungenschaften, wie Menschenrechte, Demokratie und Freiheit“, so Elster. Die USA seien 1945 nicht nur Befreier gewesen – „sie wurden in der Folge vor allem unser Partner beim Wiederaufbau.“
Ein Appell über das Historische hinaus
Zum Abschluss betonte Bürgermeister Dr. Ralph Elster die bleibende Bedeutung der Ausstellung über ihren historischen Gehalt hinaus:
„Die Ausstellung von Lee Miller ist in diesem Sinne mehr als eine historische Rückschau. Sie ist ein Appell. Ein Appell an uns alle, das Erbe der Befreiung zu bewahren und sich – wo immer nötig – auch dafür einzusetzen.“
Die Ausstellung „Lee Miller: Cologne 1945“ ist ab sofort im Spanischen Bau des Historischen Rathauses zu sehen. Der Besuch lohnt sich – nicht nur als Blick zurück, sondern auch als Mahnung für die Gegenwart.
Die Rede im Original
Sehr geehrte Frau Shah (Preeti V. Shah, US-Generalkonsulin in NRW),
sehr geehrter Herr Dr. Wolf, (Staatsmin. a.D., Vorstandsvorsitz AmerikahausNRW),
verehrte Gäste des konsularischen Korps, liebe Vertreterinnen + Vertreter aus Rat und Verwaltung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Im Namen der Stadt Köln und unserer Oberbürgermeisterin Henriette Reker heiße ich Sie herzlich willkommen zu dieser Ausstellung, die wir bewusst heute – am 8. Mai – eröffnen.
Der 8. Mai 1945, der Tag der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands im 2. Weltkrieg, markiert das Ende des dunkelsten Kapitels unserer Geschichte. Heute wie damals ein ambivalenter Tag. Neben der Kapitulation steht dieser Tag auch und vor allem für die Befreiung von der NS-Diktatur, er steht aber auch für die Scham, dass Deutschland sich nicht selbst von dieser furchtbaren Geißel befreien konnte und zwölf Jahre lang millionenfaches Morden und andere entsetzliche Verbrechen hat geschehen lassen. Viele ältere unter uns werden sich noch an die epochale Rede von Richard von Weizsäcker erinnern, die er vor genau 40 Jahren anlässlich einer Gedenkstunde im Plenarsaal des Bundestages gehalten hat. Damals hat von Weizsäcker erstmals verdeutlicht, dass der Tag des Kriegsendes in Europa, für die Deutschen kein Tag der Niederlage, sondern ein „Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ gewesen ist. Erstmals hat von Weizsäcker damals aber auch den 8. Mai und seine Folgen, mit denen auch die Teilung Deutschlands gemeint war, untrennbar auf den Beginn der nationalsozialistischen Diktatur 1933 zurückgeführt.
Auch heute noch stehen wir hier im klaren Bewusstsein dieser mehrfachen Wahrheiten: dem Erinnern an das Ende eines entsetzlichen Krieges, dem Ende eines aus heutiger Sicht kaum vorstellbaren Schreckensregimes und dem Gedenken an einen Neuanfang, der gottseidank möglich wurde, weil andere einem in seinen Grundfesten zerstörten Land halfen, sich wieder aufzurichten.
Die Ausstellung, die wir heute eröffnen, trägt den Titel „Lee Miller: Cologne 1945“ – und sie bringt uns diese Zeit rund um den 8. Mai in eindrucksvollen Bildern näher.
Lee Miller war eine wahrlich bemerkenswerte Frau. Aus ihrer Schulzeit in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die sie in der Umgebung von New York erlebt hat, wird berichtet, dass sie zumeist eine unangepasste Schülerin mit sehr eigenen Vorstellungen war. Lee Miller wurde charakterisiert alskühl und entschlossen handelnde Frau,bei der man mit raschen Entschlüssen, aber auch mit überraschendenKehrtwendungen in ihrem Leben rechnen musste.
Über sich selbst schrieb sie einmal: „Aus irgendeinem Grund möchte ich immer lieber woanders hin“.
Tatsächlich war sie ab Anfang 1943 dort, wo eigentlich niemand sein wollte. Dort, wo millionenfach Schmerz und Tod Einzug gehalten hatten. Laut ihrem Presseausweis wurde Lee Miller Ende Dezember 1942 als eine von wenigen Frauen vom amerikanischen Kriegsministerium als Kriegskorrespondentin für den Condé Nast-Verlag akkreditiert und berichtete als offizielle Kriegsberichterstatterin für LIFE und für Vogue – das Magazin für das sie Jahre zuvor als Fotomodell gearbeitet hatte – von den Kriegsereignissen in Europa, insbesondere in Deutschland.
Zu Lee Millers Hauptwerk zählt die fotojournalistische Berichterstattung vom Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Fotoreportage beginnt mit den Vorbereitungen zur Invasion der Alliierten in die Normandie, berichtet über die anschließende Befreiung von Saint-Malo und Paris im August 1944. Die Bildreportage führt im Januar 1945 weiter durch die Ardennen, zeigt das zerstörte Elsass, die Überquerung des Rheins, Bilder der von Bomben zerstörten Städte Köln, Ludwigshafen und Frankfurt sowie das Zusammentreffen des 273. Infanterieregiments der 69. US-Division mit Truppen der Roten Armee am 26. April 1945 in Torgau. Lee Millers Kriegsbericht schließt mit der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau. Ihre Photographien führen uns das unglaubliche Leid der dort inhaftierten Menschen vor Augen und lassen uns das Ausmaß des Holocausts anhand der dokumentierten Leichenberge und der menschlichen Gebeine in geöffneten Krematorien erahnen. Ihre Reportage endet mit einer Aufnahme des brennenden Berghofs auf dem Obersalzberg – von Lee Miller als „Adlernest in Flammen: der brennende Scheiterhaufen des Dritten Reichs“ betitelt.
Ihre Aufnahmen aus Köln im Frühjahr 1945 zeigen nicht nur Trümmer, Zerstörung und die Reste einer untergegangenen Stadt. Sie zeigen auch den Beginn eines Übergangs von Gewalt zu Frieden, von Unterdrückung zur Hoffnung.
In ihren Kölner Bildern liegt etwas zutiefst Menschliches.
Zwischen Ruinen fotografiert sie Menschen – Überlebende, Soldaten, Kinder. In deren Blicken lesen wir nicht nur das Leid der zurückliegenden Jahre, sondern auch ein erstes Aufatmen, ein erstes Wiedererstarken. Das ist die Kraft von Lee Millers Kunst: Sie dokumentiert und deutet zugleich und so sind damals Zeitdokumente entstanden von großer Relevanz und Tragweite.
Meine Damen und Herren, der Weg von 1945 bis heute war in Deutschland, im Rheinland und in Köln nicht selbstverständlich. Der Weg war geprägt von Anstrengungen und von Widersprüchen, aber letztlich doch von einer beeindruckenden Kraft zurErneuerung. Dass aus einemkriegszerstörten, aber vor allem auch moralisch verwüsteten Land eine stabile Demokratie geworden ist, verdanken wir nicht zuletzt der entscheidenden Rolle der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit dem Marshallplan, mit der Luftbrücke, mit der NATO und mit dem enormen kulturellenEngagement amerikanischer Institutionen, waren die USA nicht nur Befreier am 8. Mai 1945, sie wurden in der Folge vor allem unser Partner beim Wiederaufbau.
Deshalb freut es mich besonders, dass wir diese heutige Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Amerika-Haus NRW realisieren konnten – einem langjährigen und wichtigen Partner in Fragen der transatlantischen Verständigung und kulturellen und politischen Bildung.
Mein Dank gilt ebenso dem US-Konsulat. Dass Sie – liebe Frau Shah – heute Abend bei uns in Köln sein können, empfinden wir als ein sichtbares Zeichen Ihrer Verbundenheit mit unserer Stadt.
Das ist umso wichtiger, weil uns ja gerade in diesen Tagen bewusst wird, wie verletzlich gute Verbindungen sind.Freundschaften zwischen Staaten sind keine Selbstverständlichkeit. Gute Beziehungen müssen gelebt und gestaltet werden, sie müssen – wo nötig – immer wieder neu gestärkt werden.
Was uns seit nunmehr 80 Jahren eint, sind nicht nur gemeinsame Interessen, sondern unsere geteilten Werte und Errungenschaften, wie Menschenrechte, Demokratie und Freiheit.
In einer Welt im Umbruch geraten allerdings alte Gewissheiten ins Wanken. Bündnisse werden neu verhandelt. Der „Westen“, wie wir ihn jahrzehntelang kannten, steht unter Druck – von außen, aber auch von innen.
Gerade deshalb ist es an Tagen wie heute wichtig, dass wir uns erinnern. Dass wir verstehen, woher wir kommen. Dass wir erkennen, wie wertvoll, aber letztlich auch wie verletzlich – die Grundlangen unseresfriedlichen Zusammenlebens sind.
Die Ausstellung von Lee Miller ist in diesem Sinne mehr als eine historische Rückschau. Sie ist ein Appell. Ein Appell an uns alle, das Erbe der Befreiung zu bewahren und sich wo immer nötig auch dafür einzusetzen.
Ich danke allen, die an dieser Ausstellung mitgewirkt haben: unseren Partnern vom Amerika-Haus, dem städtischen Organisationsteam und allen die dabei unterstützt haben.
Dieser Tag soll nicht nur dem Gedenken gehören – sondern uns auch zum Nachdenken darüber anregen, wie wir den Willen zu unserem gemeinsamenBestreben stärken können, das zu bewahren und weiterzuentwickeln, was uns seit dem 8. Mai 1945 verbindet.
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